von: Florian Bötsch

März 31, 2022

Roh, roh, roh ist das Fleisch

Aus dem Programmheft “Verlag Rotscheibe”

Literatur unterliegt keinem Raumkonzept. Sie wird nicht in Bahnen gelenkt oder in administrative Grenzen und Schranken verwiesen, wenngleich sie raumprägend für alles physisch-materiell Erlebbare ist ohne messbar und kartierbar zu sein. Wir kommen aus Würzburg. Und nicht nur hier verstehen Menschen Räume, Regionen und die Regionalität als Behälter in dem Sachverhalte enthalten sind. Würzburg ist ein Kessel voll Wein. – starr, bestimmt von natürlichen Faktoren sind Wahrnehmung, Produktion und Reproduktion. Es vereinfacht – Schubladen sind auf oder zu. Dichotom – Haben wir Kultur? – Ja/Nein.

Würzburg, wie hast du es mit der Literatur? Die „Fränkische Literaturmetropole“ ist nicht der status-quo, aber das Ziel. Würzburg ist nur Adressat der Frage, die Auseinandersetzung mit ihr findet in mentalen Räumen, im Inneren von Mensch und Literatur statt, die wir kommunizieren, konstruieren und vernetzen wollen. So ist und bleibt die Bewertung Würzburgs Literatur immer eine überregionale Antwort.

Durch Kompression von Raum und Zeit, durch Um- und Neudeutungen bleibt wie selbstverständlich eine Antwort nie Antwort, sondern wird eine weitere verhallende Stimme im Raum. Diese für Momente in Foren, Diskussionen und Debatten, Kolumnen und Büchern, analog oder digital, halten zu können, ist Aufgabe des Verlag Rotscheibe. Dort, wo Profitgedanke, blinder Konsum, Markt und Marke Oberhand gewinnen, verstummen diese Stimmen umso schneller. Pluralismus und Multilokalität haben ethische, moralische, ökologische und soziale Grenzen.

Wie ist es möglich den mentalen Raum eines Menschen „gut“ zu machen? Aus dem Selbstverständnis „frei“ zu sein – gar nicht. Soll dieser Raum „leer“ sein, soll er „bosso fakka“ sein oder soll er „Wasserstoffaktien erscheinen mir als rentable Kapitalanlage“ sein – darf er das. Unser Anliegen ist es zu diesem Raum Anregungen zu schaffen, dabei ist es nicht zentral über dessen Inhalt zu bestimmen, sondern den Rahmen des Raumes zu entwicklen, pflegen und beschäftigen. Nach der „Autor:innen- Leser:innen-Seelsorge“ wollen wir den Kampf eines Jemensch mit sich selbst begleiten.

Von der Pionierarbeit der Kollektiven Literaturzeitschrift Würzburg (KLW), die auf dem Substrat der „Autor:innen-Leser:innen-Seelsorge“ wurzelt, ernten wir mit dem Verlag Rotscheibe einen heterogenen, mannigfaltig sozialisierten und veranlagten Kreis an Autor:innen. Aus diesen Beziehungen, die zum Teil behaftet sind mit Vertrauensvorschüssen, aber auch mit unerfüllten Erwartungen und Potenzialen, schöpfen wir eine diskursbereite kritische Masse. Wenn man also die KLW als Spielwiese bezeichnen möchte, dann ist der Verlag das benachbarte Kettenkarussell – irgendwie größer und Zentrifugalkraft scheint zu wirken.

Diese Zentrifugalkraft kann durchaus als „Druck zum Wirtschaften“ interpretiert werden. Geld, Arbeitsplätze, Existenzen – auch das ist Verlagsarbeit. Nur stellen wir unsere Mitarbeiter beim Konzept „Autor:innen-Leser:innen- Seelsorge“ nicht hinten an und machen ein „Autor:innen- Leser:innen-Mitarbeiter:innen-Seelsorge“ daraus – werbetechnisch mag das „unsexy“ formuliert sein.

Der Einwurf folgt auf dem Fuß.
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