von: Marco Bötsch
April 15, 2022
Einwurf zu: Roh, roh, roh ist das Fleisch
Aus dem Programmheft “Verlag Rotscheibe”
rohrohrohes Fleisch mag die Muskeln bewegen, die Sehnen auf dem Weg zu rororo und den in ihren Ohrensesseln alt eingesessenen;
Literaturmetropole, fränkisch – ja, wir leben in der Mutterstadt und hatten das so aufgeschrieben. Nur was folgt daraus? — Die Bezüge sind hergestellt und enthüllen das nun vorzustellende Spiel des sich-aufeinander-Beziehens, die Kolumne des Verlages Rotscheibe, „Literaturmetropole“.
Lokalität, sobald sie als politisches Instrument sich hergab, ihr rein deskriptives verlassend, dient dazu, der physischen Verhaftung ihre Zufälligkeit zu nehmen und sie in legitime Partizipation zu verwandeln.
Wie etwa jemand sagt: Das ist mein Quartier. Darin führe ich Geschäfte. Wenn mich jemand fragt, was meine Geschäfte auszeichnet, dann antworte ich: Ihr Prädikat ist vor allem auf mein Quartier zurückzuführen. So oder so ähnlich könnte es aussehen. Käme eine:r von außerhalb des Quartieres und fragte: Weshalb sollte ich mich an ihren Geschäften beteiligen?, reichte das Prädikat, welches eben noch so reizend für sich allein stehen konnte, nicht mehr aus. Die Antwort müsste dann lauten: Meine Geschäfte sind gut, weil sie von hier sind. Was aber tun sie für die Auswärtigen? Ich kann Ihnen sagen: Meine Erzeugnisse sind nicht nur für die hiesigen gedacht. Sie schließen alle Erdenbürger:innen ein, scheuen Sie sich nicht mitzuwirken, was das Hier stark macht und das Dort noch zu überzeugen weiß!
Ich befinde, dass die Lokalität sich in der Logik des locals mindestens der Heuchelei aussetzt, da er mit der Globalität steht und fällt, da zumindest für unsere Breitengrade die Werbetechniken zwischen global player und local hero sich nicht unterscheiden; der Eingeborene spürt die Bevorzugung des Touristen und der Weltöffentlichkeit. Bei uns in den Hügeln traf ich noch kein Partisanenvolk, welches sich davon freimachte.
Überhaupt frage ich mich, was aus denjenigen Menschen wird – mich eingeschlossen – die außerhalb ihres Habitats, ihrer Räumlichkeiten, plötzlich aufhören zu existieren? Welche Lokalität kann das sein? Für mich endet die Lebensführung an den Grenzen dieses Talkessels, somit möchte ich die Würzburger Perspektive bemühen.
Damit beginnt auch das große Fragezeichen.
Würzburg Du große Adressatin.
Damit beginnt das Ausloten der eigenen Grenzen.
Würzburg Du mentaler Raum.
Bislang ist es nicht mehr als die Stimme; die ihren eigenen Charakter aufweist. Die auf die Partisan:innen trifft und die alten Mauersteine. Alt, sehr alt. Die sich räumlich wissend fühlt, wenn die Repräsentant:innen der Stadt den durchschnittlichen Geschmack der Bundesrepublik spiegeln und die Stadt nie näher war als das Rennrad im Rennrad der Übergangsjacke durch die gleißende Sonne zu schieben, während die weißen Bodenplatten einen in die Blindheit reflektieren … mit der herausgestreckten Zunge und den Lungenflügeln fängt leider auch das Schreiben der Oden an. Wohl ist es nötig, um dem Geist auf die Schliche zu kommen, der irgendwo unten- Neumünster liegt. Und wenn es nur das Offenlegen des eigenen Mythen-machens ist.
Doch was seinen eigenen Roman benötigt, soll vorerst nicht ruiniert sein. Die Fremden, das Fremde laden wir uns gerne ins Haus und mit ihnen soll die überregionale Antwort vokalisiert werden. Vom Gewichtsstein eines Hammers aus betrachtet, steht alles andere zur Disposition, wenn diese Mauern auch jederzeit fallen können, mäandern in die rohrohrohfleischigen Räume, die Bergflüssen nicht unähnlicher sein könnten. Zudem bedeutet der täglich gleiche Blick nicht Vertrautheit. Wo ist die Grenze zu ziehen zwischen Fremden/Eigenen? Zwischen Innen/Außen? Grenzen brauchen Offenheit, Durchlässigkeit, um nicht das Opfer der bequemen Dichotomie zu werden. Das ist Eines, was im Inneren von Mensch und Literatur verhandelt werden muss. Ähnlich dem_derjenigen, der_die sich weigert die Fremdheit aufzugeben.
Der Ausbruch per Bahn wirkt dennoch wie das Vernichten von Ego-Dokumenten. Mit der Zeit bleibt das Nachschlagen von Tagebucheinträgen im Katzengarten.
„Würzburg ist ein Kessel voll Wein.“
„Haben wir Kultur?“
– Ja
– Nein
– Schreiben aus der Desillusionierung heraus.
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